Prosa


Auf dieser Seite finden Sie Auszüge aus einigen von mir verfassten Kurzgeschichten als Leseprobe.

Das neue Leben

 

Wie gesichtslose Schatten geistern Gestalten im Dickicht des Großstadtsmogs umher. Unter dem Horizont von Wolkenkratzern, emporragend wie breite Gitterstäbe, währt gelegentlich ein Gefühl des Gefangenseins, wie verurteilt zum Verweilen. Kaum zu glauben, dass ich einst unter dem Druck dieser massiven Betonbauten meine Kreise auf dem Asphalt gezogen habe. Immer und immer wieder soll mein Weg mich durch diese kalten Gassen, mit ihren überfüllten Gehwegen geführt haben. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern.

Es ist Herbst und nur wenige Augenblicke des Tages gewähren nun vollkommen freie Sicht. Nebelschwaden verschwimmen mit dichten Abgaswolken und legen sich wie ein bleiernes Laken über die Stadt. Ein Hauch von Melancholie liegt in der Luft.

Nachdem ich im St. Louis Hospital aus meinem Tiefschlaf aufgewacht bin, vergehen Stunden wie Tage und jeder Tag zieht sich wie ein stundenlanger Stau auf dem Weg nach Hause. Mein Leben hat schlagartig an Geschwindigkeit verloren und mir nun die Rolle eines stillen Beobachters zugeschrieben.

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Von meinem Vorhaben das Weihnachtsfest zu boykottieren

 

Seit Jahren schon nimmt die Begeisterung für das Weihnachtsfest in der Gesellschaft ab. Das sieht man an der immer karger werdenden Weihnachtsbeleuchtung in den Fenstern der Wohnhäuser sowie in den Straßen der Städte; keine Weihnachtsmänner mehr in den Kaufhäusern und auch keine Weihnachtsbäume im Zentrum einer jeden Ortschaft. Gefeiert wird - wenn überhaupt - in rot-grün leuchtenden Kneipen und in kühlem Eisblau gehaltenen Restaurants, in denen die Kellner weihnachtliche Gerichte wie das „Christmas Tree Surprise“ - ein kegelförmiges Etagere mit diversen Gerichten in kleinen Mengen - servieren.

Menschen, die sich an Traditionen halten, treffen sich im kleinen Kreis an Heilig Abend zu Hause, um ein unter Zeitdruck zubereitetes Mahl hinunter zu schlingen und anschließend die hastig erworbenen Geschenke auszutauschen, worauf schlussendlich maßloser Alkoholkonsum folgt. Das Geld fließt in die Kassen der Verkäufer und die Betäubung in die Köpfe der Feiernden. Doch was feiert man überhaupt?

Das Wetter scheint sich auch nicht mehr dem traditionellen Brauch in unseren Gefilden unter-werfen zu wollen. Es schneit nicht mehr so, dass die Umgebung von winterlichem Weiß überdeckt wird. Das Bisschen Schnee, das zwischenzeitlich die Straßen benetzt und nach wenigen Tagen weggeschmolzen ist, kann man auch nur als Spöttelei der Natur betrachten. Muss der Weihnachtsmann demnächst mit Rädern an seinem Schlitten bei uns vorbeikommen?

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Im Warteraum der Ewigkeit

 

„Ich liebe Türkis! Wieso bin ich Rosa?“, fragte Nina.

Ihre Mutter wusste nicht, was sie darauf antworten sollte; konnte sie sich doch nicht erklären warum sie selbst ausgerechnet blau leuchtete. Jedoch wollte sie Nina nicht im Ungewissen lassen und ließ sich etwas einfallen.

„Du siehst süß aus in Rosa und die Farbe magst du doch bestimmt auch. Nicht wahr?“

Nina zögerte etwas, stimmte dann aber nickend zu.

„Siehst du. Türkis ist zwar auch schön, aber das passt sowieso nicht ganz zu dir, meine kleine Rakete. Du bist dafür zu energisch, finde ich.“

Mit diesen Worten wurde Nina in die Arme ihrer Mutter geschlossen und auf die Stirn geküsst.

Ein seltsamer Ort war das, an dem beide gelandet waren. Es schien keine Lichtquelle zu geben und dennoch war alles hell geflutet. Die Umgebung war offen und überall waren verschiedenfarbige Gestalten zu erkennen, die sich wie Farbflecken auf einer weißen Leinwand bewegten. Es gab sonst nichts an diesem Ort. Weder Wärme noch Kälte, keine Düfte und keine Geräuschkulisse oder auch nur ein sanftester Lufthauch konnten wahrgenommen werden. Es war so, als ob man in einem Lichtkegel schweben würde.

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